Fantasy am Limit, so
absurdlustigungezähmtverrücktgefährlichfaszinierendfesselndfurchtlosfeurig

Die Wortspielwelten erwachen!
Tritt ein in eine fantastische Dimension, in der das Absurde die Oberhand gewinnt und Sprachwitz zur magischen Waffe wird!
Fantasy am Limit ist der erste Band der epischen Wortspielwelten-Reihe von Lutz Lohnstein und entführt Dich in 16 wahnwitzigen Kurzgeschichten.
Ein Ort, an dem Murmelinseln sprechen, Halunkenmuscheln Beutezüge planen und Verdünnungshaie um ihre Existenz kämpfen.
In dieser Sammlung von Fantasy-Kurzgeschichten treffen skurrile Gestalten auf aberwitzige Abenteuer:
Eine Insel, geboren aus einem vulkanischen Missgeschick, wird zum Ferienparadies.
Kriminelle Muscheln stehlen mit Diagnoseperlen wertvolle Schätze.
Ein Hai, in ein homöopathisches Gespenst verwandelt, sucht nach einem Ausweg.
Ein Geier findet am Nordpol mit selbstgestrickten Socken sein Glück.
Ein Karnevalszug in der Hölle lehrt selbst Dämonen das Fürchten.
und, und, und!
Mit Wortwitz, Fantasie und schrägem Humor entführt diese Sammlung in Welten, in denen Realität bestenfalls eine Empfehlung ist.
Ein Buch für alle, die den Humor von Terry Pratchett, Douglas Adams und Walter Moers mögen.
Tritt ein in die Wortspielwelten – wenn du bereit bist, das Absurde zu lieben! Erlebe Abenteuer mit skurrilen Helden, durchquere Landschaften, die nur ein Wortspiel zulässt, und begegne Kreaturen, die Du nie für möglich gehalten hättest.
Dieses Buch ist ein Fest für alle Liebhaber von Fantasy, Humor und intelligentem Unsinn.
Leseproben
Hier werden nur die ruhigsten Kugeln geschoben.
Die Murmelinsel badet heute in der Sonne – doch das war nicht immer so.
Einst war sie nur ein schüchterner Hügel in den Tiefen des Ozeans, so abgelegen, dass sich dort nicht einmal Fuchs und Hase Gute Nacht hätten sagen können. Es sei denn, sie hätten Tauchen gelernt.
Hier, in dieser abgeschiedenen Wasserwelt, tauchte hin und wieder ein junger Wandervulkan auf und rauchte verlegen in der Gegend herum.
Irgendwann kamen die beiden ins Gespräch, und er gestand ihr kleinlaut, dass er eigentlich noch gar nicht rauchen durfte – zu jung und so.
Dann erzählte er von einer anderen Welt, hoch oben, wo es immer so geheimnisvoll glitzerte.
„Mein großer Bruder erzählt die aufregendsten Geschichten von seinem Job auf Island“, sagte er, halb stolz, halb neidisch. „Die Leute drehen vor Freude völlig durch, wenn er bei der Arbeit ist – sagt er zumindest.“
„Was ist eigentlich ein Island?“, fragte sie. Der kleine Vulkan zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung! Aber ich frage ihn mal.“
Dann lugte er vorsichtig zwischen zwei Felsen hindurch, ob das Wasser rein war, und schlich sich wieder davon. Seine Familie war nämlich extrem misstrauisch.
„Glitzerte es vielleicht auf Island?“, überlegte sie. Jeder Berg mochte Edelsteine. Hügel aber auch. Nur wussten das die Edelsteine nicht. Nun gut.
Aber wie kam man dorthin? Schwimmen? Mit einer endlos langen Leiter? Und was, wenn es dort oben enttäuschend war? Wie kam man dann zurück?
Diese Fragen bohrten sich tief in ihren Untergrund und hinterließen viele Löcher. Es verging einige Zeit, bis der kleine Vulkan wieder vorbeikam. „Sieht ja echt wütend aus, der Kleine“, dachte sie, als er brodelnd um die Ecke kam.
„Ich bin heute zum zweiten Mal in Lavamatik und Vulkanologie durchgefallen!“, schnaufte er und stampfte so heftig auf, dass ihre Seesterne verrutschten. „Oh, das tut mir leid“, murmelte sie verlegen.
„Und von der bescheuerten Schule geflogen bin ich auch … verdammt!“, donnerte er weiter.
„Jeden Tag diese blöden Formeln! Innendruck, Außendruck, Wasserdruck, Dichtungsdruck – DRUCK, DRUCK, DRUCK, GLUUUUUUTDRUUUUUUCK!“
Er brüllte so laut, dass der Boden bebte und Blasen aufstiegen. Dann bekam er einen gewaltigen Glutausbruch und riss die zukünftige Murmelinsel aus der Erde.
Starr vor Schreck klammerte sie sich fest an ihn. „Ist der jetzt komplett irre?“, dachte sie. Doch bevor sie ihn anmotzen konnte, ging es auch schon donnernd, mit aufgerissenen Augen nach oben.
Immer schneller. Sie wurde fast ohnmächtig. Es war wie der Ritt auf einer verrückten Rakete ohne Lenkrad. Alles vibrierte.
Hinterhältigstes aller Meerestiere. Tut so, als wäre sie an der ganzen Geschichte nicht beteiligt.
Die See war ruhig, und der blaue Himmel blickte verträumt auf das Meer herab. Die Schiffe schwammen ahnungslos umher, und nichts deutete auf ungewöhnliche Versammlungen oder Verschwörungen hin.
Doch unter der Oberfläche braute sich etwas zusammen. Etwas Hinterhältiges, etwas Schlitzohriges war im Gange. Etwas … ach, lest es am besten selbst.
Angeführt wurden diese Tiefseeschurken von niemand Geringeren als dem einäugigen Muschelgeneral Salty. Einst eine Sumpf- und Wüstenmuschel, hatte Salty eine bewegte Vergangenheit.
Er wurde zu einer Legende unter den Halunkenmuscheln. In seinem berühmten Buch Wie eine Geistermuschel im Sturm beschreibt er all die Abenteuer, die er überlebt hatte. Dafür wurde ihm der Goldene Dreizack am Bande verliehen.
Mit eiserner Schale lenkte er die Operationen seiner Truppen und verhinderte so ein chaotisches Durcheinandermuscheln.
Am liebsten arbeiteten die Muscheln mit den Piratenunken zusammen. Die hatten Salty schon oft den Kopf aus der Schlinge gezogen – ausschließlich gegen Bezahlung, denn sie waren eigentlich nur egoistische Auftragsplünderer.
In letzter Zeit jedoch hatte General Salty neue Pläne ausgeheckt – und seine miesen Muscheln zogen mit.
Statt wie eh und je am Meeresgrund nach Dukaten zu schnüffeln, richteten sie ihre Schalen nun auf schwer beladene Eisenkähne.
Mit ihren Diagnoseperlen konnten die Muscheln nämlich Gold und Edelsteine erschnüffeln – selbst durch die dicksten Schiffswände hindurch. Diese Perlen, voller alter Magie, vibrierten leise in der Nähe von Wertgegenständen – einer Fähigkeit, die nicht von ungefähr kam:
Einer alten Überlieferung zufolge stammten sie von den Vorfahren der heutigen Halunkenmuscheln, die einst als Wächter von Poseidons Kristall-Algen dienten.
Doch als der Meeresgott begann, seine Algen von ihnen nach Glanz, Gewicht und Tonlage sortieren zu lassen – und dabei bei jedem noch so kleinen Sortierfehler völlig die Beherrschung verlor –, flohen viele der Muscheln. Mitsamt der Perlen, versteht sich.
Seit ihrer Flucht galt für sie nur noch eines: schneller sein als Poseidons Rache. Pfeilschnell durchpflügten sie die Tiefen des Ozeans. Dabei saugten sie das Wasser vorne an und stießen es mit hoher Geschwindigkeit durch eine kleine Turbine am Heck wieder aus. So hatten sie in Nullkommanichts einen Affenzahn drauf.
Doch so schnell sie auch waren – die Gefahr blieb. Ihre Diagnoseperlen galten längst als wertvolle Beute, und viele Kreaturen der Tiefe wären bereit, ihnen die Schalen einzudellen, nur um eine davon zu ergattern.
Deshalb suchten die Muscheln Schutz bei den Wasserdrachen. Mächtige, uralte Goldliebhaber, die nicht aus Freundschaft handelten, sondern aus Vertragstreue. Und nur, so lange der Rubel rollte.
Homöopathischer Meeresbewohner der Klasse C30. Schon echt hart, dieses Schicksal.
Fünf Jahre waren vergangen. Doch an jenen kalten, regnerischen Novembermorgen konnte er sich noch genau erinnern.
Damals zog Finley mit mieser Laune durch den ihm zugeteilten Küstenabschnitt. Jeder Hai in dieser Gegend erhielt ein festes Jagdrevier, das er innerhalb eines Jahres leerfressen durfte. Er hatte ein wenig übertrieben. Jetzt war alles weg.
Die wenigen Taucher, die sich noch in sein Gebiet verirrten, waren ein echter kulinarischer Reinfall. In ihren seltsamen Gummihüllen schmeckten sie derart widerlich und quietschten beim Zubeißen so furchtbar, dass es ihm jedes Mal in den Flossen kribbelte.
Hungrig wie ein Vampir in einem Blutwurstmuseum schwamm er in der Gegend herum, als er eine Halunkenmuschel sah, die offenbar auf dem Weg zur Arbeit war.
Er hoffte, bei einem ihrer Überfälle etwas abstauben zu können, und schwamm ihr leise hinterher.
Aus sicherer Entfernung beobachtete er General Salty. Der Anführer der Halunkenmuscheln erklärte gerade den Ablauf des Angriffs auf das Schiff, das über ihnen lag.
Genau im falschen Moment knurrte sein Magen so laut, dass Salty ihn bemerkte – ohne hinzusehen. Wenn die Halunkenmuscheln eines nicht leiden konnten, dann waren das Zuschauer und Abstauber aller Art.
Salty wusste, dass er von Poseidon über den Korallenfunk überwacht wurde. Also erwähnte er in übertriebener Lautstärke, dass sie einen ungebetenen Gast hatten.
Das ließ Poseidon mit seinen weit geöffneten Lauschern natürlich hellhörig werden.
Er ließ Finley einfangen und verhörte ihn nach Strich und Faden, denn er wollte die Muscheln unbedingt festnageln.
Der arme Finley hatte leider keine Antworten auf all seine Fragen, denn die Muscheln verschwanden, noch bevor seine berüchtigten Fangfische auftauchten.
Poseidons Geduld löste sich schneller auf als ein Keks in einer Pfütze. Seine unkontrollierten Wutausbrüche hatten schon so manchem Frosch die Locken glatt gezogen.
„Also gut, Bürschchen, wenn du mir nicht helfen willst, setze ich dich eben auf Diät!“, grollte er.
Aus den Spitzen seines Dreizacks fuhren stechende Blitze durch den Hai, der immer mehr an Farbe verlor.
Nach einigen Minuten schaltete er die Blitze ab – und Finley war auf eine C30er Verdünnung reduziert. Das entsprach einem durchschnittlichen Gespenst der Klasse fünf – also homöopathisch.
Von nun an konnte er durch Steine hindurchschwimmen und musste nirgendwo mehr Eintritt bezahlen.
Der große Nachteil aber war, dass all seine Kumpels ihn ignorierten. Diese Gewissheit stürzte Finleys Gefühlswelt in ein hailoses Durcheinander.
Fliegt am Nordpol herum, hat keine kalten Füße und kann stricken.
„Sind wir Geier oder Reiher? Los, Junge, der ist noch warm!“ Er verdrehte die Augen so heftig, dass es fast Geräusche machte.
„Noch ein dämlicher Spruch von ihm heute, und ich umarme freiwillig den nächstbesten Kaktus!“, schnaubte er innerlich.
Ständig dieses dümmliche Gelaber wie: „Es wird gegessen, was gerade vor sich hin stirbt“, „Wenn ich so kalt wäre wie der da, hätte ich mich schon längst selbst gefressen“ oder „Wer Aas sagt, der muss auch Bes sagen“.
„Oh Gott, hoffentlich werde ich nicht genauso bescheuert wie mein Alter, hier!“, dachte er. Er wusste, dass er anders war als die anderen. Das Leben sollte mehr bieten als heißen Staub und peinliche Sprüche.
Er schüttelte den Kopf. Die Wüstensonne hatte dem Alten wohl endgültig das Gehirn weichgekocht.
Irgendwann konnte er das eigenartige Essen nicht mehr ertragen. Während die anderen lustig krächzend auf den Kadavern herumhüpften, wurde er immer mehr zum einsamsten Geier der Stadt.
Seine einzige Freude war es, in den Büchern eines gescheiterten Notizblockverkäufers zu lesen, der sich bei der Neukundensuche in dieser Gegend verzettelt hatte.
Eines Tages, als sein nerviger Vater ihm besonders unbarmherzig auf den Zeiger ging, beschloss er, weiter hinauszufliegen als je zuvor.
Und dort, mitten im Nirgendwo, traf er auf Molly, die Küstenseeschwalbe.
Seine spätere Zugvogel-Freundin fror auf ihrem langen Weg vom Südpol zum Nordpol – und musste außerdem mal dringend auf die Toilette. Also beschloss sie, auf halbem Weg eine kurze Pause zu machen.
Molly war sehr klein und zierlich. Ihre Federn schillerten in den kühlsten Blautönen, die er je gesehen hatte. Es war ein starker Kontrast zur staubigen, gelbgrauen Wüste.
Er staunte nicht schlecht, als sie ihm erzählte, woher sie kam und vor allem, wohin sie wollte.
Plötzlich durchzuckte es ihn – seine einmalige Chance, all die Kadaver hinter sich zu lassen.
„D-du willst wirklich mitkommen?“, überraschte er Molly, als er sie bat, ihn mitzunehmen. Doch dann freute sie sich und konnte es kaum erwarten, ihn den anderen vorzustellen. So schnell es ging, stolperte er nach Hause, um seine Bücher zu holen.
Als er zurückkam, schüttelte Molly amüsiert den Kopf. „Du bringst Bücher mit?“
„Na klar! Vielleicht kann ich ja während des Fluges ein bisschen lesen“, entgegnete er.
Sie zog nur kurz eine Augenbraue hoch.
„Komm, wir fliegen erst mal lässig nach Westen, zum Aufwärmen“, sagte sie.
Unglaublich, was das Ding alles kann …
Es war halb drei – eine Uhrzeit, die sich beharrlich weigerte, entweder "spät" oder "früh" zu sein.
Ein Zwischenraum, geschaffen für Gestalten wie Mostiano Schlauch. Man kennt sie – zu betrunken zum Denken, aber noch nicht betrunken genug, um nach Hause zu gehen.
In diesem Zustand, zwischen halb leer und halb voll, schlingerte er durch eine dunkle Gasse.
Er fiel.
Genauer: Er krachte durch eine morsche Holztür, die ihm wegen eines Schlenkers zu nahe gekommen war. Kurz bevor er sich von der Straße verabschiedete, erkannte er im Laternenschein noch das Schild über der Tür: Zum Eber im Eichenfass – geschlossen.
Die steile, schmierige Treppe hinter der Tür lud nicht zum Verweilen ein. Mostiano berührte nur wenige ihrer Stufen – überraschend angenehm, fand er. Allerdings endete sie an einem zugemauerten Durchgang – diesmal eher unangenehm, fand er.
Der harte, knöcherne Aufprall schreckte ein paar Spinnen auf und sein Schädel dröhnte schlimmer als an einem seiner gefürchteten Montagmorgen.
Im Dunkeln suchte er Halt, tastete durch die Leere.
Doch dann fand seine Hand einen Metallring an einer Kette, die mit einer Falltür verbunden war, die zu einem sich öffnenden Schacht gehörte.
Wie ein Stein in einen Brunnen fiel er hinein, drehte sich und überschlug sich wild.
Schließlich schlug er am Ziel seiner unfreiwilligen Reise ein: ein uralter Weinkeller, durchzogen von Spinnweben, der Boden staubbedeckt.
Langsam kam er wieder zu sich.
Er sah aus, als hätte er eine Nacht in einer eingeschalteten Waschmaschine verbracht – nur eben viel dreckiger.
Trotz schwankender Umgebung erkannte er – zwischen flimmernden Sternchen und kratziger Kehle – direkt vor sich ein beeindruckendes Weinfass.
Seine Oberfläche war überzogen mit kunstvollen Holzstichen: Ranken, Tiere, tanzende Mönche – alles fein eingeschnitzt, wie ein mittelalterliches Bilderbuch. Und mittendrauf, in schwungvoller, alter Schrift: Eichengreis.
Mostiano blinzelte und tastete nach dem Messingschild darunter.
Abfüllung 1725.
„Heilige Sch…!“, lallte er gierig. „Na, wenn das kein Jahrgang ist … Dich zapf ich an!“
In der Ecke des Raumes hing ein rostiger, schwerer Kerzenhalter an der Wand. Eine einsame, alte und verzweifelte Schraube hielt ihn vom sicheren Absturz ab. Mit einem Ruck riss Mostiano ihn herunter.
Ersetzt den Hund, wenn die Schafe über einen See getrieben werden müssen.
Es gibt viele Geschichten aus Finnland, dem Land der tausend Seen. Aber nur eine erzählt von den legendären Hirtengarnelen.
Vor vielen Jahren, als die Schafe so sehr vom Dreck verkrustet und hart waren, dass sie sich anhörten, als würden Steine aneinanderschlagen, litten fast alle Schäfer an Schlafstörungen.
Auch die Scheren waren nach kurzer Zeit stumpf und völlig verbogen. Viele von ihnen zerbrachen am Betonfell der Schafe.
Man hatte die Wahl säckeweise Scheren mitzuschleppen oder auf die sehr teuren Fellsägen umzusteigen. Das Herumgesäge war jedoch sehr anstrengend. Und die Schafe mochten die komischen Geräusche der Sägen überhaupt nicht. Sie maulten den ganzen Tag herum, wenn es mal wieder ans Schnippeln ging.
Aber wenn man sie regelmäßig in den Seen badete, hatte man nicht nur die weißesten, sondern auch die pflegeleichtesten Schafe.
Sie lümmelten gern im Wasser herum und merkten es gar nicht, wie sie eines Tages das Schwimmen lernten. Die Schäfer waren begeistert. Zunächst ließen sie die Schafe nur durch kleine Seen schwimmen, wo sie alle das Seeschäfchen-Brandzeichen erhielten. Bald schwammen sie zu den weit auseinander liegenden Weiden durch immer größere Seen. Alles lief wunderbar … bis sie von den Garnelen entdeckt wurden.
Sie fanden die Schafe toll – weil sie so kuschelig waren. Und kitzelig. Wenn eine Garnele einem Schaf links in das Fell schlüpfte und es dort kitzelte, schwamm es nach rechts. Kitzelte sie es hinten, drehte es sich um und schwamm zurück. Kitzelte sie es am Bauch, machte es eine Rolle und schwamm auf dem Rücken irgendwohin.
Lange Zeit wussten die Schäfer nicht, warum ihre Schafe im Zickzack über die Seen schwammen. Immer kamen sie an anderen Stellen an Land und standen dort verwirrt herum. Das Einsammeln dieser Navigationsnieten dauerte jedes Mal eine halbe Ewigkeit. Die Hunde – das kann ich euch versichern – waren alles andere als begeistert von den Garnelen.
Faschingszug in der Hölle. Ziemlich heftig.
Willkommen im Fegefeuer, meine Lieben. Heute startet der Infernokonvoi, der höllische Faschingszug, das infernale Spektakel der Verdammten. Der schaurigste Umzug durch die heißesten Flammen. So grausam, dass selbst die wildesten Dämonen winseln.
Ich bin Malik Nebeltrick, einst ein erfolgreicher Lügner und Betrüger, heute euer unfreiwilliger Führer durch dieses Fest des Wahnsinns.
Als ich den Umzug zum ersten Mal sah, spürte ich das Zittern meiner Sünden. Jetzt stehe ich hier, barfuß auf geschmolzenem Glas, verstecke meine Schuhe vor den gierigen Blicken der Menge und berichte euch von der höllischsten Parade, die mir je untergekommen ist.
Also los … zieht auch eure Schuhe aus! Lest diese Geschichte barfuß, denn nur so lässt sich das volle Ausmaß der Qualen nachempfinden.
Sobald der donnernde Startschuss fällt, löscht der Chef persönlich die brennenden Straßen. Was? Nein, nein! Wo denkt ihr hin … nur für die Dauer des Festzuges. Eine höllische Gnade, damit das Leiden in voller Länge genossen werden kann.
Dann geht es los. 666 Mottowagen rollen langsam an. Jeder ist geschmückt mit den widerlichsten Darstellungen jener Sünden, die uns in dieses Höllenfeuer gebracht haben.
Diesmal hat man Bankräuber und Versicherungsvertreter vor die Wagen gespannt. Oh, sieh mal einer an – neue Seile. Wow! Wird echt jedes Jahr besser.
Ein Geflecht aus glühendem Stacheldraht, an dem sie diese rollenden Ungetüme durch die flammende Hölle zerren müssen.
Ah! Jetzt ziehen sich alle Zuschauer regelkonform die Schuhe aus und werfen sie ins nächste Feuer. Darauf haben die Dämonen der Verzweiflung nur gewartet! Mit ohrenbetäubendem Gekreisch zerschmettern sie riesige Spiegel. Die Scherben fliegen wie rachsüchtige Frisbees in die mürrische Menge.
Es ist diese spezielle Art mürrischer Menge, die nach drei Wochen Diät morgens einen leeren Kühlschrank öffnet – nach einem Tortenschlacht-Traum.
„Hey, Jungs, das mit den Spiegeln bringt euch sieben Jahre Unglück! Muahahaha.“
„Was jetzt? Oh, oh, die Schuhdämonen haben mich erkannt und kommen näher. Ist ja gut – hier nehmt sie! Hoffentlich bleiben sie euch in euren stinkenden Hälsen stecken! Verdammt, ist der Boden heiß. Aber hey, was soll’s? Schlimmer geht immer.“
An die massiven Eisenräder der Wagen hat man diesmal die Mörder und Vergewaltiger gekettet. Mit jeder Umdrehung tauchen ihre Köpfe in brodelndes Pech.
Dies wiederholt wunderbar ihre Schmerzen und erinnert sie höchst einfühlsam an ihre blutigen Taten. Eine gelungene Darstellung, wie ich finde.
Von allen Seiten knallen die Peitschen. Sie werden von doppelköpfigen, verschwitzen Höllenhunden geschwungen, die brüllend die riesigen Wagen antreiben.
Wirkt sich meistens erst im Vollsuff aus und hat verschieden starke Abstufungen.
Kennste das? Stehst irgendwo mit ‘ner Pulle in der Hand, laberst Zeugs mit deinen Leuten, und auf einmal – zack! – da is’ dieses verdammte Gebüsch. Erst guckste weg, denkst: „Ach, is’ nur’n Busch.“ Aber je mehr Halbe du weggespült hast, desto mehr checkste: Der Busch is’ kein normaler Busch. Der Busch, der glotzt dich an.
Willkommen in der Welt der Gebüschgravitation, Bruder. Es gibt kein Zurück. Je mehr du säufst, desto mehr zieht es dich rein, bis du komplett in dem scheiß Ding versinkst.
0,5 Promille: Ey, steht das Gebüsch da schon immer?
Hier bist du noch in der Kategorie angeschickert. Alles fühlt sich irgendwie witzig an, die Welt dreht sich ein kleines Stück, aber alles ist noch unter Kontrolle. Doch dann: BÄM! Das Gebüsch. Weit weg steht es rum, tut so, als wär’s total harmlos. Aber irgendwas is’ da komisch. Du schwörst, das Teil is’ näher als eben. Du kneifst die Augen zusammen, wie ein Maulwurf beim Seetest. „Steht das wirklich da? Oder is’ das so’n... Vadder-Morgana-Quatsch?
Deine Kumpels lachen dich aus: „Haha, voll angedrückt isser schon!“ Aber du weißt es besser. Irgendwas stimmt hier nich’.
0,8 Promille: Boah, warum glotzt das Gebüsch so frech?
Jetzt wird’s ernst. Das Gebüsch, das eben noch harmlos rumstand, hat plötzlich ’nen Move gemacht. Ja, du spürst es: Es guckt dich an. Und nicht nur das, alle anderen Büsche in der Nähe scheinen sich mit ihm abgesprochen zu haben. Ihre Äste zeigen auf dich, so als wollten sie sagen: „Da isser! Der Suffkopp! Guckt ihn euch an!“
Und das Gebüsch grinst. Kein Scheiß, es GRINST. Klar, deine Freunde sehen nix, aber DU siehst es. „Willst du Stress, Busch?“ denkste und kippst dir den nächsten Schluck rein.
Du willst cool bleiben, aber tief drinnen weißt du: Der Busch hat dich auf’m Kieker.
Neben der Flöte, das wichtigste Werkzeug eines Rattenfängers. Wurde in Hameln entwickelt.
Damals, als die Rattenfänger mit leichtfüßiger Eleganz und verspielten Bewegungen auf ihren Flöten herumfiedelten, sodass die Luft zu glitzern schien und die Straßen der Stadt voll verführerischer Melodien waren …
SCHNITT! Was für ein Quatsch. Was rede ich da? Nein, nein, so geht das nicht … Los, Rudimus, wach auf!
Es war noch früh, es regnete, und es stank erbärmlich in den schmutzigen Straßen von Hameln. Der erfolgloseste Rattenfänger der Stadt, Rudimus Decimus, wachte unwillig auf. Auf seinem Bauch saß, wie fast jeden Morgen, eine fette Ratte und lachte ihn aus. Ja, glaubt mir … sie lachte ihn aus. Dies war der praktische Teil ihrer Abschlussprüfung zur Fachratte mit Vollkontaktdiplom.
Während Rudimus noch verpeilt blinzelte und seine Schnapsfahne zur Seite schob, streckte sie ihm ihren Hintern entgegen. Sie wackelte ihm damit direkt vor dem Gesicht herum.
Rudimus griff nach seiner Fliegenklatsche, um sie zu erschlagen. Sie wich jedoch mühelos aus, und ihre gesamte Verwandtschaft brach in einen Jubelsturm aus. Prüfung bestanden, anscheinend.
Dann begannen sie eines ihrer unverschämten Lieder zu singen, klauten seine letzten Käseecken und verschwanden. Gut, dass sein Vater ihn so nicht sehen konnte.
Ja. Erfolgloser als Rudimus war nur noch Bertislaus Dosenhelm von nebenan, der unsichtbare Tinte an blinde Spione verkaufte, äh verkaufen wollte.
So langsam verflogen die Schleier der durchzechten Nacht. Wer war dieser komische, vergammelte Typ gestern in der Zerdrückten Tomate, der noch besoffener war als er selbst? Und was für ein wirres Zeug erzählte er? Von irgendeinem Geruchsspudler und von Aromahütern oder waren es Aromahüte?
Er blickte durch den Raum wie durch beschlagene Fenster. Dann stand er umständlich auf. Er hatte seinen Mantel noch an, der sich in der Bettdecke verheddert hatte. Auf dem Weg zum Klo fiel ihm – klong! – ein verschnörkelter Lederbeutel aus der Tasche und direkt auf den Fuß. Der Beutel stank fürchterlich. Rudimus verfluchte diesen verdammten Montag erneut.
„Hatte mir dieser durchgeknallte Typ aus der Zerdrückten Tomate tatsächlich … etwas angedreht?“, versuchte er, die Antwort zu erkennen – als blicke er durch die schmalen Lücken eines Bretterzauns. Er nahm den schweren Beutel und schüttelte ihn. Die verschlissene Seitennaht riss auf.
Eine Eisenkugel fiel heraus. Auf den anderen Fuß. „Aaargh! Verdammtes Ding!“ kick weg. „Aua, Aaargh! Mist!“
Aus der Kugel verteilte sich, kaum sichtbar, dünner Rauch auf dem Boden. Er hob sie auf und roch daran – ein Fehler, wie sich sofort herausstellte: Er musste sich vulkanausbruchsmäßig übergeben. Mitten ins Zimmer. Und die Eisenkugel fiel ihm wieder runter. Auf den Fuß.
Ziemlich raubeiniges Gefährt. Blutverschmiert, bewaffnet und verflucht – ab Werk.
Oger Rotzahn, Anführer der Barbaren aus den westlichen Bergen, liebte winterliche Blutbäder und sammelte Spielzeugdrachen. Seine geschundene Armee war stark dezimiert, glorreich gescheitert in einer Serie sinnloser Schlachten.
Kein Wunder: Im Strategieunterricht starrte Oger meist aus dem Fenster und fragte sich, ob das Eichhörnchen mit den meisten Nüssen im Maul das faulste oder das gefräßigste war. Dieses Rätsel ließ ihn bis heute nicht los.
„Wir brauchen Waffen, die meine Feinde zittern lassen und mich auf die Titelseiten der Geschichtsbücher bringen!“, donnerte er.
„Euer alter Schulfreund“, brachte Aalrich, sein verängstigter Berater, aus sicherer Entfernung hervor, „Hadrian Schlamasseltov. Er war doch schon damals bewandert in der Kunst der Verflucherei. Seine Methoden sind, sagen wir mal … zweifelhaft. Aber vielleicht kann er helfen.“
Ogers Augenbrauen zogen sich misstrauisch zusammen. „Schlamasseltov? Dieser verfluchte Zauberknecht! Hat mich damals beim großen Schulfest reingelegt … meine Rüstung verhext! Ich konnte tagelang nur rückwärts laufen!“
„Ja, aber inzwischen verflucht er hauptberuflich – und mit Erfolg!“, warf Aalrich hastig ein. „Und schuldet er Euch nicht noch etwas – wegen Eurer, äh, unfreiwilligen Richtungsänderung?“
„Also gut, Aalrich“, knurrte Oger schließlich, „vielleicht hast du ausnahmsweise recht. Aber wenn er Mist baut, werde ich ihn verfl … äh, nein – dann singt er auf dem Marktplatz ein Lied über den Bart seiner Mutter!“
„Eine wunderbare Idee, Herr!“, überschlug sich Aalrich. Er zog ein Tuch aus der Tasche und tupfte Ogers Stirn ab – als müsste dieser zu einem Pressetermin erscheinen.
So kam es, dass Hadrian wenige Tage später eine Pergamentrolle mit einem blutroten Siegel erhielt.
Die Nachricht war kurz und sprang ihm regelrecht ins Gesicht: „Bau mir eine Waffe, die Geschichte schreibt, oder ich schreibe Geschichte mit dir. Dein alter Freund, Oger.“
Hadrian starrte wissend auf die krakelige Nachricht, dann in die Ferne. „Oger“, seufzte er. „Der Mann der ausschweifenden Worte – ein wahrlich begnadeter Redenschreiber.“
Er wusste, dass er den Auftrag nicht ablehnen konnte. Nicht nur wegen Ogers gewaltiger Gestalt, sondern auch wegen seiner Schuldgefühle.
Eigentlich hätte der Fluch damals nicht auf dessen Rüstung wirken sollen, sondern auf den Stuhl, der neben ihm stand. Der Fluch hatte sein Ziel verfehlt und damit Hadrians ersten 100-Meter-Lauf unter zehn Sekunden ausgelöst.
Außerdem, dachte er, war dies die Gelegenheit, der Welt zu zeigen, wo die Flüche blitzen lernten.
Siegfried lutschte es, und Hagen – ohne nach dem Inhalt zu fragen.
Es gab mal eine öde Zeit, ohne Bonbons weit und breit.
Doch eine Schrift in Kriemhilds Händen erzählt von Bonbons aus Legenden.
So warm an Glanz wie dunkler Wein, als schlief darin ein Edelstein.
Schon der Anblick machte gierig, doch die Rezeptur schien schwierig.
„Wie kriegen wir die süßen Dinger, so schnell wie möglich in die Finger?“, grübelte der Hagen schwitzend, am Tische vor Rezepten sitzend.
Die Weihnachtszeitung – per Newsletter direkt vom Weihnachtsmann erhältlich.
Wer seine E-Mail-Adresse auf den letzten Wunschzettel geschrieben hat, bekommt das Lamettajournal automatisch kurz vor Weihnachten zugeschickt. Alle anderen können hier eine kleine Leseprobe aus dem aktuellen Newsletter genießen. Wie ihr sehen werdet – der ganz normale Wahnsinn kurz vor Weihnachten tobt auch dieses Jahr wieder.
Rudolphs Extratour: Der Weihnachtsmann tobt!
Rudolph hatte einen Unfall mit seinem Privatschlitten. Die Tankkarte des Weihnachtsmanns war leer. Also wollte er den Schlitten selbst ziehen. Schon beim ersten Versuch geriet er in den Gegenverkehr und wurde prompt von einem Elfenbein (Haha Wortspiel!) umgetreten.
Er fällt nun für drei Wochen aus. Die Gesichtsfarbe des Weihnachtsmanns passt sich gerade der seines Mantels an. Run, Rudolph, run.
Chaos in der Werkstatt: Läuse machen Überstunden.
In den Elfenwerkstätten wurden Läuse entdeckt. Die Produktionsbänder für Stoffpuppen und Perücken ruhen. Lieferausfälle bleiben uns hoffentlich erspart.
Der Weihnachtsmann ist bereits unterwegs und versucht, ein paar frei gewordene Nikoläuse abzuholen. Mal sehen, wie viele er auftreiben kann, denn die meisten sind ja längst im Urlaub. Ho, ho, ho.
Lametta-Lawine: Ein prominentes Opfer.
Das hat gerade noch gefehlt. Eine der vielen Lamettamaschinen in der Werkstatt geriet außer Kontrolle und sprühte wild Silberfäden. Beim Drücken des Not-Aus-Schalters verhedderten sich die Füße des Weihnachtmanns im Lametta.
Er konnte sich nicht mehr befreien und wurde unter einem immer größer werdenden Berg aus Glitzer begraben.
Vielen Dank, Tinker Trüffelstern, dass du so schnell reagiert hast. Dank deines Einsatzes entkam der Weihnachtsmann dieser misslichen Lage, bevor das Kamerateam vom Nordpol-TV Wind davon bekam. Oh, du Fröhliche.
Spezialist und Außenseiter unter den Klempnern.
„Niemand weiß genau, wann es begann“, murmelte Victor Schmodderson und rollte einen Rohrplan aus. Es war wie der Blick in einen Topf voller Spaghetti – ein Gewirr aus tausenden Linien. „Der Kampf gegen die Schatten im Untergrund ist wie ein ewiges Schachspiel mit unsichtbaren Gegnern.“
Ida, Victors neue Assistentin, kämpfte mit ihrem Notizblock und versuchte gleichzeitig zuzuhören, ohne allzu verwirrt zu wirken. Ihr Haarwart-Abschluss war ihr zu theoretisch gewesen. Hier aber ging es um das wahre Abenteuer: pures, ungezähmtes Schmodder-Chaos.
„D-d-die Schatten, Meister?“, stotterte Ida und klammerte sich an ihren Notizblock.
„Abflussverstopfungen!“, donnerte Victor. Sein Arm schoss mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Höhe. Fast hätte er ein Loch in die Zimmerdecke gebohrt. „Sie glauben, die Oberhand zu haben … aber wir werden sie eines Besseren belehren. Vor allem ihn!“
„Ihn?“
Mit einem entschlossenen Ruck wandte sich Victor um und zeigte auf einen verbeulten Bleisiphon in der Vitrine. Das düstere, vernarbte Ding wirkte wie eine Trophäe.
„Sissiphong, der Dicke, König von Rohrland. Ein bleiernes Monstrum, das mit listigem Gurgeln über sein Schmodderreich herrscht. Man sagt, er habe einst eine ganze Stadt lahmgelegt – ein allgegenwärtiges Phantom, das sogar die Ratten in seinen Bann zog“, sagte er.
Mit einer theatralischen Geste zog er eine kleine Pergamentrolle aus der Vitrine, als wäre sie ein uraltes Artefakt.
„Hier, lies! Diese Worte hat mir eine alte Ratte übergeben, bevor auch sie verloren war“, sagte er und reichte ihr die Rolle.
„Versalzenes Fett sie blenden soll, mit Suppenresten bestochen voll. Verkriechen sich, verlieren Sinne, hinabgespült die schwarze Rinne!“, las sie leise und starrte auf die Wand, als wäre dort ein Fenster.
„Ein wahrer Tyrann. Diese Nachbildung habe ich selbst vor Jahren angefertigt. Als Warnung und Erinnerung!“, fügte er hinzu.
Das gebogene Rohr starrte sie wie eine bleierne Kobra an. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. „Und … wie bekämpfen wir ihn?“
„Das erfährst du morgen“, entgegnete Victor mit einem geheimnisvollen Funkeln in den Augen. „Für heute hast du genug gesehen.“
Er schaltete das Licht in der Werkstatt aus, und es wurde ruhig bei den Abflusspeinigern. Nicht so ruhig ging es in der Rohrgemeinde zu.
Die Abflüsse waren in Aufruhr. Tief unten in Sissiphongs Schmoddergewölbe tagte der Rat der Rohre. Er eröffnete die Zusammenkunft mit einem gurgelnden Ton.
„Unsere glorreichen Tage stehen auf dem Spiel!“, blubberte Sissiphong, während sein Anschluss schäumte. „Die Abflusspeiniger haben eine neue Waffe: den Peinwandfrei.“
Im Eiskanal getestetes Spitzenerzeugnis der Sportbettenindustrie.
Erinnert ihr euch an damals? Es war die Zeit, als das Sportschlafen kurz davorstand, in der Mottenkiste der Sportgeschichte zu verschwinden.
Der Konkurrenzkampf zwischen den Sportbettenherstellern wurde immer gnadenloser. Die Marketingabteilungen – mittlerweile alle dem Wahnsinn verfallen – produzierten die seltsamsten Konzepte. Nicht wenige davon taugten bestenfalls als Klopapier.
Aber wie es manchmal so ist … genau daraus entstand eine Erfolgsgeschichte. Hier könnt ihr nachlesen, wie die Matratzenkufe den Sport für immer veränderte:
Ihre wichtigste Eigenschaft war absolute Laufruhe. Auf keinen Fall durfte das Team während des Rennens auf der Vierer-Matratze geweckt werden – zumindest nicht vor der Ziellinie. Jedes Teammitglied, das zu früh wach wurde, verschlechterte die Wertung – egal, wie schnell die Matratze war.
Am Anfang stand die Frage nach dem perfekten Material. Man versammelte die Crème de la Crème der Sportschläfer als Berater, um die ruhigste, rutschigste und gleichzeitig willensstärkste Legierung für die Kufe zu finden.
Jede neue Mischung musste mindestens einen stotterfreien Eiskunstlauf auf gefrorenem Schmirgelpapier überstehen.
Der Sportschläfer Moritz „Die Matratze“ Meier schlug vor, es zunächst mit Gleitstahl zu versuchen. Der Stahl konnte wie ein Fakir vibrationsfrei über Nagelbretter gleiten, doch in puncto Dauerrutschen floppte er.
Auch der von Stella „Sprinti“ Steiner empfohlene Rennstahl, dessen Hang zur Verzweiflung nicht immer vorteilhaft war, ließ beim Stotterschmirgeln viele Federn.
Felix „Federleicht“ Fuchs, in Sachen Innovation immer einen Schritt voraus, setzte auf Flugstahl. Dieser legte dank seiner Berührungsängste besonderen Wert auf Kontaktlosigkeit und machte schließlich das Rennen. Perfekt.
Doch welche Form sollte sie bekommen?
Welchen Schliff?
Vor allem musste sie beruhigend wirken, denn das Eis durfte während des Rennens nicht erschreckt oder verängstigt werden. Schließlich gelang es, die Testschläferin Bella „Bright Eye“ Becker zum Einschlafen zu bringen, indem man ihr eine Kufe an einem Pendel direkt vor die Augen hielt.
Die Gewinnerkufe verdankte ihre Form der legendären Schlafzimmerblickschablone.
Nun musste die Kufe laufen lernen. „Zinnen Sepp“ aus Kufstein, einer der bekanntesten Profi-Schlafwandler, trainierte sie jede Nacht.
Erst wenn er mit ihr auf einem Rasierklingen-Schwebebalken hin- und zurückbalancieren konnte, galt die nächste Stufe als erreicht.
Berühmter Tempel der ersten Minzkrieger
Wer kennt sie nicht, die Stadt Minzburg? „Natürlich! Dort steht doch der Gurgelturm!“, denken die meisten sofort. Und selbstverständlich weiß jedes Kind, dass dieser Turm frischer riecht als jede bekannte Kaugummisorte.
Doch das war nicht immer so. Früher war er der ruhmreiche Tempel der ersten Minzkrieger, ein wilder Haufen, der im Mittelalter für Atemfrische kämpfte. Ihr Erfolg allerdings war etwa so langlebig wie der Urlaub eines Schneemanns auf Hawaii.
Heute ist er ein modernes Entwicklungszentrum für Gurgeltechnik und Sitz der Universität für Gurgelogie. Doch seine Mauern erzählen Geschichten aus vergangenen Zeiten, von Heldentum, schmerzhaften Verlusten und bizarren Wendungen.
Alles begann mit dem damals noch jungen Zauberer Mentholus dem Kühlen, der eines Abends am Lagerfeuer ein neues Kraut in seiner Pfeife ausprobierte. „Nur einen kleinen Zug …“, hatte er sich vorgenommen.
Doch er konnte nicht widerstehen, nahm einen gewaltigen Riss aus der Pfeife und fiel um.
Das Zeug machte dermaßen Dampf, dass ihm der Hut schnell zu eng wurde. Während er sich aufrappelte und hustete wie ein rostiger Ritter, den man durch einen Schornstein nach oben zog, ließ er seine Pfeife ins Feuer fallen.
Dann kam sie – eine grüne Rauchwolke. Sie war dermaßen dicht, dass das Lagerfeuer vor Schreck einen kurzen Moment aufhörte zu flackern. Mentholus inhalierte unfreiwillig die Hälfte davon. Als das Röcheln und Krächzen endlich nachließen, blickte er mit tränenden Augen auf.
Dort in der Ferne sah er eine Schar Ritter – nein, Aromakämpfer! Keine gewöhnlichen Krieger, sondern Helden mit einer Mission. Ihr Anführer trug die Minzbibel unterm Arm. Sie ritten in den Kampf, für eine atemfrische Welt und für … seltsam geformte Bonbons?
Mentholus’ inneres Auge sah sie ungläubig an. „Das Kraut … hat es echt in sich“, murmelte er. Dieser Abend war gelaufen, das war ihm klar! Er zog sich seinen Hut über das Gesicht und schlief am Feuer ein.
Im Traum jedoch kehrten sie zurück, noch deutlicher als zuvor. Es schien, als ritten sie aus der Leinwand heraus, direkt auf ihn zu. Kurz bevor er vor Schreck aufwachen wollte, hielten sie in einer riesigen Staubwolke vor ihm an. Ihr Anführer ließ wie aus dem Nichts eine Strickleiter an seinem – plötzlich riesig erscheinenden – Pferd herabrollen. Staubend kletterte er wie in Zeitlupe hinunter, kam zu ihm herüber und überreichte ihm eine Botschaft auf einem zerrissenen Stück Stoff.
Als Mentholus am Morgen schweißgebadet erwachte, erinnerte er sich nur schemenhaft an die seltsame Nachricht der Aromakämpfer. Und doch lag sie nun am Rand der Feuerstelle, als hätte sie den weiten Weg von seinem Traum bis hierher in den Staub gefunden.
Mit aufgerissenen Augen sprang er auf und wich zurück. Er starrte hinunter und da fegte ihm ein Windstoß den Fetzen direkt vor die Füße.
Darf in keiner Dämonenhandtasche fehlen.
Der Berg Gol Barak ist heute ein dunkler, verfluchter Ort. Doch das war nicht immer so. Er wollte der größte und prächtigste Gipfel sein. Einer, an dem sich die Sonnenstrahlen erfreuen konnten.
Doch diese miesen, korrupten, völlig inkompetenten Berggötter verliehen diese Ehre einem anderen – einem langweiligen Felsklotz mit Kristallhöhle.
Gol Barak war wütend. Tief in seinem Gestein nagte der Groll. Er war übergangen worden. Und das verzieh ein Berg niemals. Noch wusste er nicht, wie. Aber dass er Rache wollte – das war sicher.
Etwa zur gleichen Zeit wurde der Dämon Balathorn, bekannt als der Flammenknecht, aus der Unterwelt verbannt. Seine Führungsansprüche standen in einem geradezu lächerlichen Missverhältnis zu seiner Qualifikation.
Mit verbranntem Stolz, geschwächter Macht und einer mächtigen Wut im Bauch suchte er ein Versteck. Abgelegen, verborgen – eine Bleibe ohne Ansprüche. Ein Zimmer ohne Küche. Ohne Bad.
Doch jeder Berg, den er zu betreten versuchte, wies ihn bereits am Eingang ab.
Gol Barak jedoch sah seine Chance, Balathorn für seine Zwecke zu missbrauchen und nahm ihn in Untermiete. Mit einem Dämon, so dachte er, ließe sich sein Racheplan schneller verwirklichen.
Balathorn seinerseits hatte mit dem Höllenfürsten noch eine Rechnung offen. Sein Ziel war es, diesen Berg in Besitz zu nehmen – oder ihn zumindest seinem Willen zu unterwerfen. So sind sie eben, die Dämonen.
Also fing er ganz unverfänglich an, dem Berg einige Dämonen-Fertigkeiten beizubringen:
Wie lasse ich hier und da etwas Lava heraussickern, falls mir die Bergsteiger auf den Keks gehen?
Wie steuere ich eine Lawine, wenn es mich an einer bestimmten Stelle juckt?
Wie kann ich die Zwerge dazu bringen, nur dort Gänge zu graben, wo später die geplante Drachenhöhle entstehen soll?
Wie kann ich ein Gewitter provozieren, dass dessen Blitze die Bergläuse auf meinem Gipfel grillen?
Die Sache mit den Blitzen war jedoch ein wesentlicher Teil von Balathorns Racheplan. Die ersten drei Kindergarten-Fertigkeiten dienten nur der Ablenkung. Und das funktionierte bestens. Gol Barak bemerkte nicht, wie der Dämon seine Macht über ihn immer weiter ausdehnte.
Nach und nach wurde der Berg boshafter, launischer und unausstehlicher. Irgendwann hatte Balathorn ihn so weichgekocht, dass er nur noch Rache wollte – aber längst vergessen hatte, an wem.
Oder warum.
Immerhin. Ein Rachefeldzug weniger in dieser Geschichte. Auch nicht schlecht.